Montag, 28. Dezember 2009

Entspannsystem - Revival der roten Lastöse

Im Frühjahr hatte ich mir ein echts Monstrum von Linelocker gekauft: eine rote Lastöse von Carl Stahl.

Da das Gerät gut ein halbes Kilogramm wiegt und bei Longlines bis 130m es auch normale Stahlkarabiner als Bolzenlinelocker getan haben (mit einem Bruchteil des Gewichts), rutschte die rote Öse bald auf den Grund meiner Ausrüstungskiste.
Nun habe ich sie wieder hervorgekramt, um mein Entspannsystem zu verfeinern.

Bisher bin ich fast immer ohne ein solches ausgekommen. Longlines bis 120m ließen sich ohne Probleme mit dem Grigri entspannen, bei 130m mußte ich zwar recht kräftig ziehen, es ging aber noch. Doch als ich im August 143m spannte, war mir klar, daß ich damit an die Grenzen des Grigris gehen würde und baute ein Entlastungssystem ein, wie es Matthias Held schon im österreichischen Slackline-Forum beschrieben hatte.
Allerdings ging ich damals ziemlich stümperhaft zu Werke, achtete nicht mal auf die Drehrichtung des Schäkelbolzens, den es beim Entlasten prompt aufdrehte. Zum Glück waren Schäkel und Bolzen superstabil, der Bolzen verkantete und ich konnte die Spannung aus dem System lassen. Das ohnehin schon malträtierte Entspann-Band wurde dabei jedoch ziemlich in Mitleidenschaft gezogen, da es unter Last über das Bolzengewinde lief.
Das Grigri am anderen Ende jedoch hatte es durch die hohe Last dermaßen verkantet, daß ich froh sein mußte, ein Enspannsystem eingebaut zu haben - ich hätte sonst keine Chance gehabt, die Leine wieder normal abzubauen.

Als ich mich nun in der Adventszeit entschloss, mal wieder eine 130m-Longline aufzubauen, wollte ich bei dieser Gelegenheit mal wieder ein bißchen mit dem Entspannmechanismus experimentieren.
Eigentlich ist ja nicht viel dazu, zwei Schäkel, ein Band, an einem Schäkel befestigt, zu einem nach außen laufenden Bauernflaschenzug gewickelt, mit so vielen Windungen, daß die Reibung das Band festhält und man es nur noch mit einem Schleifknoten befestigen muß. Lockert man die Windungen, fängt das Band langsam an zu rutschen und die Leine läßt sich bequem entspannen. Einziger Schwachpunkt: Der Punkt an dem das Band an einem Schäkel befestigt ist. Dort rutscht Band unter hohem Druck immer wieder über die selbe Stelle Band und erzeugt eine Menge Reibung - es kann bei zu schnellem Ablassen zu Schmelzverbrennungen kommen.

Hier kommt nun meine rote Lastöse ins Spiel. Am Schäkel als Linelocker eingesetzt, ist sie so groß, daß sie einen anständigen Fixpunkt für das Band des Entlastungszuges bildet - das restliche Band wird dann wie gehabt durch die beiden Schäkel gewickelt: dem an der Slackline mit der roten Lastöse als Linelocker und dem am Fixpunkt - hier meine lose Rolle des Flaschenzuges.
Es ist auch kein Problem, daß ein Teil der Last auf dem Linelocker liegt, da die Hauptlast trotzdem vom Schäkel getragen wird (je nach Anzahl der Windungen - hier sind es 6, also 12x soviel).
Trotzdem ist es besser, das Band mit einem Linelocker an der Öse zu befestigen. Bei der 130m-Adventslongline hatte ich es noch mit einem Knoten festgemacht, der sich unter der Last beim Entspannen dann aber so fest zuzog, daß er nur noch zu Hause mit Werkzeughilfe zu öffnen war.

Bei meiner Weihnachtslongline hab ich diese Erfahrung dann berücksichtigt. Dabei hab ich gleich mal ein paar Bilder gemacht und auch ein Video vom Ablass-Vorgang gedreht.


Das Video hat leider eine ziemlich miese Qualität, mehr gab die Kamera nicht her. Zudem mußte ich mit einer Hand filmen, mit der anderen ablassen.



Hier sieht man nochmal, wie das Ganze im entspannten Zustand aussieht. Das Band war vorher schon so zerfleddert, bei diesem System entstehen keine Beschädigungen.


Zum Schluss noch zwei Links zu Posts im österreichischen Forum, die diese Entlastungskonstruktion erstmals beschrieben:

1. Matthias Helds Beschreibung einer Entlastungskonstruktion (mit Bildern)

2. Eine Variante zum Schonen des Band-Fixpunktes von Harald Reischl (Harry)

8 Kommentare:

  1. Moin!

    Ja, sieht echt entspannt aus wie Du das Band mit nur einer Hand entspannst. Habe gerade auch überlegt, ob ich so 'ne Technik irgendwo gebrauchen kann. Ich bin von über 100m noch weit entfernt und bisher wegen mangelnder Ausrüstung nur 35m gelaufen. Ich vermute aber, dass ich auch mit toller Ausrüstung (erstmal) nicht viel mehr schaffen würde. (Da kann der Bauer nicht schwimmen und ausnahmsweise ist mal nicht die Badehose schuld.)

    Ich habe aber gerade überlegt, ob man ein Entlastungssystem auch schon bei geringen Längen (35m?) verwenden könnte, um die Ratsche zu schonen. Ich glaube (irgendwo im Forum) gelesen zu haben, dass die Ratsche vor allem beim Entspannen der Line leidet (Abrieb der Zähne)?! Fändet ihr sowas sinnvoll? Naja, wahrscheinlich kostet ein Entlastungssystem ca. soviel wie 'ne neue Ratsche (wenn die Alte mal verschlissen ist), also wahrscheinlich nicht sinnvoll, man macht sich nur das Spannen der Line komplizierter, oder?

    Außerdem wollte ich nochmal fragen, was die Nachteile des Bauernflaschenzugs im Gegensatz zu dem Bandflaschenzugs zum Entspannen sind.

    Grüße,
    Flo

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  2. Vorteile des Bandflaschenzuges im Vergleich zur Entlastung mit Reepschnur:
    1. Material: Für letzteres brauchst du extra 'ne lange Reepschnur, für den Bandflaschenzug greifst du einfach in die Gear-Kiste und nimmst 'ne alte Slackline. Da die Einzelstränge nicht viel Last zu tragen haben, kann die schon ordentlich verschlissen sein.
    Die Lastöse stellt ja nur 'ne Variante dar, sowas zu bauen. Mit dem langen Kettenglied, wie Harry das gemacht hat (siehe zweiter Link im Beitrag) find ich auch 'ne ziemlich geniale Idee, leider fehlt mir das Kettenglied, um es zu testen.
    Letztlich ist es aber auch in seiner Reinform aus nur zwei Schäkeln immer noch besser als mit Reepschnur. Wenn man es ganz langsam abläßt, sind die Probleme mit der Schmelzverbrennung nicht so gravierend.
    Und da es eh ein altes Band ist, kann man, sollte die Stelle dann wirklich mal zu schwach sein, ein paar Zentimeter abschneiden und das Band an 'ner neuen Stelle fixieren. Es ist sozusagen das Endstadium einer Slackline, im Entlastungszug verbaut zu sein. ;)

    2. Die Reibung im System ist viel höher. Was beim Spannen richtig nervig ist, ist beim Entspannen eine große Hilfe. Dadurch geht das Ablassen schön langsam und kontrolliert vonstatten.

    Wozu ist ein Entlastungssystem noch gut: Naja, bei allen Leinen, die mit dem Ellington richtig hart angeknallt werden. D.h. Jumplines und jede Form von Longline, die mit dem Köbeszug gespannt wurde. Wiegesagt, extra Material brauchst du nicht, 'ne alte Slackline tut es ohne Probleme (eine neue tut es auch, aber auf der läuft man ja lieber, oder? ;) ). Na ok, den extra Schäkel, aber der sollte doch irgendwo aufzutreiben sein.

    Ratsche schonen ... naja. Ich benutze kaum noch Ratschen. Bei Längen, wo die Ratsche noch brauchbar ist, hab ich auch keine Probleme über die Ratsche zu entlasten. Hin und wieder einen Tropfen Öl auf das Teil soll übrigens Wunder wirken.

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  3. Hi seflue!

    Danke für die schnelle Antwort!

    Dass mehr Reibung (im Gegensatz zur Reepschnur) ein Vorteil ist - sehr einleuchtend!

    Stimmt, man braucht für das Entlastungssystem garnicht viel Material zusätzlich. Da ich aber erst echt kurz slacke besitze ich keine alte Line, sondern nur neue. Da aber die Einzelstränge nicht viel Last zu tragen, kann ich dafür ja vielleicht einen Sicherungsgurt nehmen, davon hab ich ein paar. Also heißt es demnächst vielleicht mal Schäkel abfeilen um die Haltbarkeit der Line für die Entlastungskonstruktion zu erhöhen...

    Ist Köbeszug eine andere Bezeichnung für Ellington? Den Begriff kannte ich noch nicht.

    Grüße,
    Fluid Flo

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  4. Hi erneut!

    Habe heute zum ersten mal die minimale Variante zum Entlasten (mit zwei Schäkeln, einem Linelocker und Sicherungsgurt) für meine 35m-Slackliner-Line (mit Ratsche gespannt) getestet und war vom langsamen Ablassen ohne Verschleiß so begeistert, dass ich sie in Zukunft wahrscheinlich immer ab ca. 20m spannen einbauen werde.

    Hab nämlich in den Produktbeschreibungen von Slackpro gelesen, dass beim schnellen Rausrutschen der Line beim Entspannen mit der Ratsche auch die Line verschmurgeln soll. Gerade wenn ich an meinem Lieblingsspot häufig die 35 m ganz aufspanne (immer wieder auf exakt die gleiche Länge), hoffe ich damit mein Band zu schonen... (da sonst beim Entlasten immer genau die gleiche Stelle leidet).

    Danke nochmal für die vielen Infos zu den Entlastungskonstruktionen!

    Grüße,
    Fluid Flo

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  5. Hey hab mal ne frage zu deiner lastöse, wie viel kostet die??

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  6. Hab ich bei Carl Stahl für 15€ gekauft.

    http://cstahl.vogel-druck.de/shop/warengruppen.html?ktlg=2&kgrp=3817

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  7. aber da kommt dann doch noch die bearbeitungs gebühr dazu des kostet dann ja über 30€ oder?

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  8. Keine Ahnung, wie das ist, wenn man so'n Teil bestellt. Ich habs direkt hier in der Dresdner Filiale gekauft und da kam (wenn überhaupt) nur noch Mehrwertsteuer drauf. Billig ist so'n Teil trotzdem nicht gerade. ;-)

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